Auf der Suche nach weiteren Informationen über die Vorfahren unserer Großmutter Bertha Griem waren mein Bruder Richard und ich im März 2004 bei Elfriede Siehl, geborene Griem, in Kasseburg zu Besuch. Elfriede Siehl ist eine Tochter von Franz Heinrich Adolf Griem, einem Cousin unseres Vaters. Von Elfriede Siehl erhielten wir die Familienchronik der Familien Möller/Griem, die ihr Großvater Heinrich Griem im Alter von 85 Jahren im März 1943 aufgestellt hat. Heinrich Griem schildert seine Erinnerungen und Karl Schlüter aus Hamburg hat dies alles aufgeschrieben. Aus dieser Familie stammt unsere Großmutter Bertha Griem. Ich habe versucht, diese Erinnerungen in eine chronologische Reihenfolge zu bringen und thematisch das bäuerliche Leben zu jener Zeit zu beschreiben. Was Sie im folgenden lesen, sind Originaltexte aus dieser Familienchronik, die in diesem Sinne sortiert sind. Die Formulierungen wurden so belassen, wie Heinrich Griem sie seinerzeit gewählt hat, um dem Leser auch einen Eindruck von der Sprache um 1940 zu geben.


Heinrich Griem
der Autor dieses Beitrages
Geschichte der Familien

Möller/Griem

Todendorf am Moor

Erzählt von Heinrich Griem
geboren am 24. Oktober 1858

aufgeschrieben von
Carl Friedrich Schlüter
Arndtstraße 17
Hamburg

Im März des Jahres 1943

Über Familiengeschichte

Nicht nur die Namenkunde, d.h. die Deutung der Familiennamen, ist in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in größere Kreise gedrungen, weil sie sprachgeschichtliche, kulturgeschichtliche und volkskundliche Werte schafft; sondern auch die Familien- und Sippengeschichte hat sich weite Kreise erobert. Weite Kreise bilden Geschlechterverbände. Ein neuer Beruf, der Sippenforscher, hat sich gebildet. In Hamburg besteht die Zentrale für niedersächsische Familienkunde mit einigen 1000 Mitgliedern. Sie unterhält eine sehr wertvolle Bücherei und ein Lesezimmer, dort wird gern Rat und Auskunft erteilt. Ortsgruppen von diesem Verband sind in Schleswig-Holstein und in Hannover.

Ludwig Finckh schreibt in seinem Ahnenbuch: "Die Sippenforschung ist aus dem Staube der Gelehrsamkeit herausgetreten in Blut und Wirklichkeit und fasst die zusammengehörigen lebendigen Menschen zu einem Ring zusammen. Sie erforscht den Lauf des Blutes im Erbgang und hilft der Erstarkung künftiger Geschlechter. Alles was schicksalhaft in einem Stamm liegt, hebt sie ans Licht. Sie bindet Urenkel ans Mutterland, verknüpft die alte Heimat mit der Gegenwart und schafft neue Wege von Mensch zu Mensch. Ohne diese Forschung ist unser Zukunftsgeschehen dunkel und sinnlos. Sie wirft Licht auf die geheimen inneren Gesetze unseres Handelns und trägt ihren Segen in sich.

„Wohl der Familie, die bewusst und erkenntnisreich ihr Leben gestaltet und ihr Schicksal zu meistern lernt!“

Vom Forschungsweg

Eine der ersten und besten Quellen des angehenden Forschers sind natürlich die Kirchenbücher. In Zeiten, als die Geistlichkeit allgemein schreibkundig geworden war und das Papier, wie man heute sagt, „greifbar“ an jedem Platz zu haben war, beschloss man auf einer Tagung in Trient 1562 - 63 allgemein Kirchenbücher anzulegen und laufend zu führen. Die Einführung selbst geschah aber sehr langsam, man kann wohl sagen, vielen Orts erst nach 100 und mehr Jahren. Der 30jährige Krieg mag schuld daran sein. Einige Jahre vor diesem Krieg 1597 beginnt das Süseler Kirchenbuch ,1632 Eutin, 1677 Eichede.

Durch die Einführung der Kirchenbücher ist es manchen Familien möglich geworden, ihre Familie oder Sippe 300 oder mehr Jahre zurückverfolgen zu können. Versagen die Kirchenbücher, so sind die anderen Urkunden wie Kirchentagungen, Kaufverträge, Erdbücher, Gerechtsame, Schuld- und Pfandprotokolle, Steuerlisten und andere Familienpapiere oft gute Helfer.

Je weiter man die Jahrhunderte zurückverfolgt, desto spärlicher werden in den Urkunden die Familiennamen mit Ausnahme einiger der alten Adelsgeschlechter. Vor 1200 gibt es in unserer Gegend kaum Familiennamen. Um 1300 ist uns aus Todendorf erhalten „Schachtsrade“. Der Name Schacht ist wohl der älteste, wenn nicht ein Thode der Gründer des Dorfes war. Die Zeit vor 1200 ist meistens dunkel für Familienforschung, nur noch Volksstämme und Völker sind in ihrer Gesamtheit durch die allgemeine Geschichte zu erkunden etwa 3000 Jahre zurück, dann sind wir auf die Ergebnisse der Spatenforschung angewiesen, die vielleicht 20000 Jahre zurück reicht. Dann geht alles über in die allgemeine Geschichte der Menschheit.

Über Todendorf

Todendorfs Flur ist nach holsteinischer Art durch etwa 120 km Knicks gartenartig aufgeteilt. Von dem ehemals sächsisch-slawischen Grenzwald, der von der Elbe bis Kiel sich hinzog, sind noch 6 schöne Wälder vorhanden. Der Boden ist gut und leicht zu bearbeiten. Äcker, Wiesen und Moore wechseln sich ab. 5 Hauptwege gehen strahlenförmig von der Dorfmitte zu den Nachbardörfern, zusammen mit den überlasswegen sind es 22 bis 25 km Wegstrecken im Dorf. Diese vielen Wege sind nötig, weil fast jeder auf seinem Besitz wohnt und sein Land um die Hofstätte liegt. Todendorf ist somit eine ganz neuzeitliche Streusiedlung im Gegensatz zu den Haufendörfern, bei denen das Land oft weit vom Haus ist.

1263 war Todendorf schon als Dorf eine Handelsware der regierenden Herren, es wurde für 50 Mark verkauft an das Domkapitel zu Hamburg. Hamburger bleiben wir bis 1576. Dann wurden wir großfürstisch-Gottorpsche Untertanen bis etwa 1772, inzwischen waren wir um 1753 Untertanen des Zaren Peter von Rußland. Dieses wird aus einer Urkunde ersichtlich, in der der Zar dem Küster Hitzig die Gerechtsame zur Hökerei bestätigt verbunden mit Schankwirtschaft.

1644 wird Todendorf von den Schweden geplündert und zerstört. Es bestanden damals 12 Hufen, während um 1300 erst 8 Hufen genannt werden. Soviel war inzwischen hinzu gerodet worden. Die Regierung, so ist anzunehmen, fand keine Bauern, die das Dorf besiedeln konnten. Sie richtete es zu einem Krongut ein und verpachtete es. Die Namen der Pächter sind teilweise bekannt. Der Pächter Nicelsen erlitt nach 1760, so weiß man durch mündliche überlieferung, zweimal die Rinderpest in seinem Viehbestand. Die Regierung fand keinen rechten Pächter mehr und sah sich, auch infolge Zeitströmungen, genötigt, das Gut in Erbpachtstellen aufzuteilen und einzeln meistbietend in der Amtsstube zu Trittau zu verkaufen. Diese Versteigerung des Dorfes fand am 22. und 23. Oktober 1766 statt. Der Gölmteich aber wurde erst 1784 am 17. Dezember in 19 Erbpachtstellen verkauft. Diese Vererbpachtung des Gutes Todendorf ist nun der Zeitpunkt in dem unsere Familiengeschichte Möller/Griem beginnt. Damals wurde auch das heutige Dorfbild geschaffen.

Johann Gerhard Möller, geboren am 18. März 1711, gestorben 1773, stammte aus Jersbek, Kirchspiel Bargteheide. Er diente als Soldat in Stade und lernte dort seine nachmalige Ehefrau Rebekka kennen. Dieser Johann Gerhard war auf dem Gut Todendorf als Gärtner beschäftigt und wurde mit der Auflösung des Gutes frei. Man bot ihm an, er möge sich 40 Tonnen bestes Land aussuchen und Bauer werden. Er tat es anfangs nicht. Vielleicht fehlten ihm die Mittel oder er hielt den ganzen Aufbau für zu schwer, die Gründe weiß man nicht.

Nach geraumer Zeit, durch Zureden von vielen Seiten, entschloss er sich aber doch dazu. Er erwarb von Joachim Mink, der die große Heisch Koppel erworben hatte und dem sein Land wohl etwas viel war, 20 Tonnen am Moor gelegen und baute sich auf dem jetzigen Hofplatz ein kleines Haus. Darüber hinaus hat sich eine Urkunde vom 14. Juli 1770 angefunden, aus der folgendes hervorgeht:

„Osterhoff aus Hammoor, Erbpächter zu Todendorf als Verkäufer einerseits und Johann Gerhard Möller als Käufer andererseits, kommen mit Wissen des Amtes überein, was folgt: Osterhoff verkauft in Grethenvieh 4 Tonnen und auf der Kretelkoppel 4 Tonnen Land, welches er aus der 6. Verteilung des zergliederten Gutes Todendorf erworben hat an Johann Gerhard Möller für 9 Reichstaler und 16 Schilling zusammen also 18 Reichstaler 32 Schillinge. Außerdem ist jährlich ein Konon von 1 Reichstaler 33 Schillinge je Tonne auf Mai und Martini zu bezahlen.“

Also Johann Gerhard kaufte 4 Jahre nach der Verteilung des Todendorfer Gutes noch 8 Tonnen Land hinzu. Beide unterzeichnen den Vertrag am 14. Juli eigenhändig. Johann Gerhard und auch Osterhoff haben beide Lesen und Schreiben können. In einer anderen Urkunde hat auch der Nachbar Christoph Hinrich Suhr eigenhändig unterschrieben.

Nachdem Johann Gerhard glücklich in den Besitz einer Landstelle gekommen war, wurde auf dem jetzigen Hofplatz von den Eheleuten ein kleines Haus gebaut, ganz einfach aus Fachwerk, mit Schächt- und Lehmwänden und natürlich mit Strohdach. Die Bauart war damals so: Die Schächte flocht man in das Ständerwerk und meistens sonntags bewarfen die Frauen dieses Flechtwerk mit einem Gemisch aus Lehm, Häcksel oder Kaff. Wenn dieses gut geglättet und getrocknet war, was einige Tage dauerte, wurden die Lehmtafeln mit Löschkalk geweißt. Das Fachwerk blieb rohes Holz oder es wurde auch mit übergekalkt. Damals war es noch so, dass alle Dorfleute halfen bei dem Bauen der Häuser. Geld war knapp. So kam es dann, dass die Frauen sonntags die leichte Arbeit machten. Ein so hergerichtetes Haus sah freundlich und nett aus und es passte in unsere Landschaft. Dieses Haus nun stand um seine 75 Jahre. Hier hinein zog Johann Möller mit seiner jungen Frau Rebekka und bewirtschaftete die neu erworbene Stelle.

Sein Sohn CHRISTIAN Anton Möller erbte die Stelle. Christian heiratete am 25. Oktober 1776 die Jungfrau Ann Stienke, geb. Pöhlsen von Gut Lasbek. Aus dieser Ehe entsprossen 9 Kinder, 4 Töchter und 5 Söhne. Christian starb jung, schon bald nachdem das 8. Kind geboren war. Nach seinem Tode wurde erst das 9. Kind geboren. 8 Kinder starben allerdings schon im jugendlichen Alter.

Ann Stienke bewirtschaftete nach dem frühen Tod ihres Mannes den Hof mit ihren 9 Kindern allein so gut es ging. Sie war eine strebsame und fleißige Bauersfrau und im Dorf beliebt. Man nannte sie nur „Anstienken“. Kleine Geldbeträge erwarb sie sich durch einen bescheidenen Pferdehandel hinzu. Sie kaufte ein junges mageres Pferd, pflegte und fütterte es gut und nach einer Zeit ließ sie es durch ihren Bruder Pöhlsen auf dem Bargteheider Markt verkaufen. Da die Landstelle aber doch noch klein war, mussten sie billiges Futter heranschaffen. Dieses geschah dadurch, dass sie mit ihren Kindern zum Moor oder in den Knakenort ging und dort Bülten oder anderes Grünfutter beschaffte. Wenn man bedenkt, dass dieses täglich geschehen musste, so war es eine dauernde Last, dieses mit den Kindern heran zu schleppen.

Ihr ältester Sohn JOHANN Hinrich Möller, geboren am 05. Februar 1785, erbte die Stelle. Johanns Bruder war geistig etwas belastet. Um diesem Bruder für immer einen guten Unterhalt zu sichern, entschloss sich Johann, nicht zu heiraten. 1826 starb nun dieser Bruder und Johann hielt alsbald Umschau nach einer tüchtigen Hausfrau. Er wurde dabei unterstützt von der ganzen Verwandtschaft, sie bemühte sich eifrig, eine passende Frau zu finden.


Maria Möller mit ihrer
Tochter Anna Maria

So war Johann bereits 42 Jahre alt, als er die 21jährige Jungfrau Maria, geborene Wrage aus Nahe heiratete. Johanns Schwester, von Anstienken „Dortenmütten“ genannt (nach Dora) war mit einem Bauern Voß in Nienwold verheiratet. Sie vermittelte die Ehe zwischen Johann und Maria Wrage. Da aber der Altersunterschied der beiden sehr groß war, so war man doch besorgt, ob es wohl die richtige Frau für Johann sei. Dieses zu erfahren, wurde so etwas wie eine Brautschau vorgenommen. Eines Tages kam Maria Wrage mit ihrem Vater auf einem Stuhlwagen, 2 schöne Schimmel davor, in Todendorf zu Besuch. Johann hatte aus Vorsicht auch seinen Nachbarn Pöhlsen sozusagen als Sachverständigen geladen. Bei seinem Alter traute er sich wohl noch nicht so recht, dachte wohl, besser ist besser. Pöhlsen lernte seine Nachbarin kennen, bildete sich sein Urteil und sagte: Du Johann, wenn Du de kriegen kannst, denn nimm se man!“ Pöhlsen war gewiss auch für die Jugend. Und es soll hier auch gleich gesagt werden, dass trotz des großen Altersunterschiedes die beiden Eheleute sich immer gut verstanden haben. Die künftige Schwiegermutter, Anstienken, wollte sich auch sicher sein und stellte eine heimliche Probearbeit an. „Maria“, sagte sie, „du kunnst mi mal ´n Ammer Waader ut´n Soot hal´n, wie hebbt dor en Schwang an.“ „Giff man her“, sagte Maria und treckt den Ammer leifig in de Höcht. Damit war Maria von Anstienken anerkannt und mithin von der ganzen Familie.

Maria hatte eine schwere Jugend durchgemacht und schon immer gesagt: „Wenn ich sehe, dass ich mein sicheres Brot habe, dann heiratete ich. Man kann also annehmen, dass Maria sehr glücklich gewesen ist, als sie abends mit ihrem Vater von Todendorf nach Nienwold zurückfuhr, wahrscheinlich schon als glückliche Braut. Die Hochzeit ist wahrscheinlich im Jahre 1827 gewesen. Die beiden Eheleute haben ein arbeitsreiches Leben begonnen. Als die Landentwässerung aufkam, war Johann einer der Ersten, der sein Land mit Röhren durchzog. Eine Arbeit, die sich über Jahre erstreckte.

Das von seinem Großvater erbaute Haus ließ er abreißen und baute 1846 ein neues Haus, das in seinem Fachwerk und Ständerwerk noch heute steht, wenn auch inzwischen umgebaut wurde. Das Fachwerk wurde von Eichenholz, Sparren und Balken von Föhrenholz genommen. Das Holz musste mit Pferd und Wagen von Lübeck geholt werden. Zimmermeister Tiedemann aus dem Mannhagen hat es gebaut.

Eines Tages wurde Johann eine Wiese von 4 Tonnen im Vie angeboten. Als Kaufpreis sollte er 4 Schillinge je Tonne zahlen. Johann kaufte die Wiese. Der Kaufpreis wurde vom Verkäufer und Käufer gleich in Bier angelegt.

Auf dem jetzigen Rustenbachschen Besitz wohnte ehemals ein Bauer mit Namen Retting, der eine Ziegelei anlegte. Diese ist erst 1910 stillgelegt und 1914 abgebrochen worden. Retting geriet etwas in Geldverlegenheit und lieh sich von Johann Möller 400 Mark. Nachdem die Zahlungsfrist abgelaufen war, hatte Retting das Geld nicht beisammen. Man einigte sich dahin: Retting sollte an Möller ein Stück Land von 4 Tonnen abtreten und zwar ein Stück von der Kretelkoppel vor der Möllerschen Hofstätte gelegen. So geschah es. Die Tonne wertvollen Landes beim Hause gelegen kostete also nur 100 Mark.

Zu Johann Möllers Zeiten kam das Mergeln auf, d.h. der Acker wurde mit einem kalkhaltigen Lehm überstreut. Mit einer Fuhre Mergel, der aus einer Grube gewonnen wurde, wurden 2 - 3 Ruten (1 Rute = 20 qm) überstreut. Man grub den Mergel schon ein Jahr vorher und ließ ihn trocken, damit er sich gut streuen ließ. Gut gemergeltes Land hielt eine Bauerszeit, d.h. 25 - 30 Jahre vor, während ein mit gutem Stallmist gedüngtes Land nur etwa 5 Jahre vorhält. Gemergelt wurde vor dem Winterkorn, aber nicht vor den Winterkartoffeln, weil diese dann leicht schorfig werden. Das Mergel graben, fahren und auseinander werfen ist eine mühsame, zeitraubende Arbeit. Eine Tonne Land, bei einer Bemergelung von einer Fuhre für 3 Ruten, bedarf also 80 Fuhren Mergel. Man trachtete natürlich dahin, dass die Mergelgrube möglichst auf der Koppel oder in der Nähe lag.

Aus der Ehe mit Maria Wrage entsprossen zwei Kinder. Ein Sohn, der schon im jugendlichen Alter an den Krämpfen starb, und die Tochter Anna Maria Möller. Johann Möller starb 1864 und seine Frau Maria 1888. Ihr Lebenswerk zum Vorteil der Nachkommen war:

  1. die Entwässerung der gesamten Stelle
  2. der Neubau des Hauses
  3. der Kauf der Vie-Wiese
  4. der Kauf der Kretelkoppel
  5. als Erbschaft nach dem Tode von Maria Möller erhielten die Kinder von Maria je 2.000 Mark, zusammen 10.000 Mark.

Da nun keine männlichen Erben vorhanden waren, erbte die Stelle die Tochter Anna Maria Möller. Vorher muss aber noch gesagt werden, dass das Ehepaar Johann Möller im ganzen Dorf und in der Umgegend sehr beliebt war. Zu einer Nachbarhilfe waren sie immer bereit, bei Kindtaufen musste Johann die Wehmutter holen und Maria leistete sonstige Hilfe. Auch war sie wegen ihrer guten Kochkunst sehr geschätzt.
Die Erbin Anna Maria Möller heiratete 1857 den Landwirt Hinrich Griem, geboren 1825, aus Oetjendorf, Sohn des Setzwirtes Martin Griem zu Oetjendorf.
(Setzwirt = Wenn ein Hufner eine Witwe mit unmündigen Kindern hinterließ und die Frau wieder heiratete, trat in der Regel eine Setzwirtschaft ein, die zwischen dem 21. und 25. Lebensjahr des berechtigten Erben endete.)
Dieser war ein Enkel des Griem aus Grönwohld, der die spätere Heinrich Christierstelle im Besitz hatte. Er war 2. Sohn und konnte deshalb nicht den Besitz erben (Setzwirt Oetjendorf). Hinrich Griem bekam aus seinem Elternhaus einen großen Koffer voll eigen gemachtes Leinenzeug mit. Dazu noch 2.000 Mark Bargeld und 2 Milchkühe. Die Familie in Oetjendorf war 8 Köpfe stark, 2 Söhne und 6 Töchter.

Der Ehe entsprossen 5 Kinder:


Heinrich
24. Oktober 1858

Fritz
12. November 1860

Adolf
17. Februar 1863

Martin
05. November 1865

Berta
21. Mai 1871

Hinrich Griem betrieb die Landwirtschaft sehr eifrig. Er baute auch 1870 eine neue Altenteilskate und etwa 1875 einen Viehflügel am Hause an. Er war der erste im Dorf, der künstlichen Dünger säte und dadurch den Ertrag seines Landes erheblich steigerte. Er gab auch damit den anderen Bauern ein Beispiel und bewirkte somit eine allgemeine Ertragssteigerung des Dorfes und darüber hinaus. Er hielt gute und kräftige Pferde. Er gab seinen Kindern eine gute Erziehung, dem ältesten die Landstelle und jedem Kind noch 5000 Mark am Ende seiner Tage.

Die wirtschaftlichen Zustände seinerzeit hier kurz im überblick:

  • eine trächtige Kuh kostete 18 Thaler (1867)
  • ein Ei kostete 2 Pfennige (1875)
  • ein Pfund Butter kostete 70 Pfennige (1880)
  • ein junges 4jähriges Pferd kostete 400 Mark (1890)
  • eine Kuh 5 - 6 Jahre alt kostete 210 Mark (1890)

Hinrich Griem übergab seinem Sohn Heinrich im Jahre 1890 die Landstelle. Er zog sich in die von ihm gebaute Altenteilskate zurück und verlebte noch 5 Jahre in beschaulicher Ruhe. Seine Frau Anna Maria war bei ihm bereits 5 Jahre im Tode vorausgegangen, sie starb im August 1890.


Heinrich Griem und Frau

Die alte Hofstelle
Hoelten-Klinke

Heinrich Griem ,geboren am 24. Oktober 1858 heiratete im November 1890 Catharina, geborene Sengelmann, Todendorf Ortsteil Hölten-Klinke, geboren am 6. November 1861 zu Todendorf. Ihre Schwester, die älteste der beiden Töchter, hatte zwar ein Anrecht auf die Stelle, sie verzichtete aber auf ihr Erbrecht zugunsten von Catharina. Nach drei Jahren 1893 übergab Sengelmann die Stelle an seine Tochter und an mich, seinen Schwiegersohn. Beide Besitze kamen dadurch in eine Hand und wurden von der Stammstelle aus bewirtschaftet. Der Gesamtbesitz vergrößerte sich dadurch um 17 Tonnen. Zusammen sind beide Besitze jetzt 45 Tonnen.

Vom Abnehmen

Meine Mutter war eine aufgeweckte Frau und schnell entschlossen. Neuheiten gegenüber war sie nicht abgeneigt, sie gab gern mal einige Groschen aus, wenn andere gesagt hätten: „Watt schall dat, dat deit nicht nötig, dat is Geld rutsmieten!“
Als eines Tages ein Mann in unser Haus kann, der sagte, er könne „afnehmen“, so nannte man es damals auf dem Lande, die Kunst des Knipsens, da wird meine Mutter gesagt haben: „Och, mi man nicht, denn mut ich mi eist antrecken, öwer mien beiden Jungs, Heineri und Fritz, de schulln se mal afnehmen.“ Sie hielt ja was von ihren Jungens und meinte wohl auch, da werden wir uns noch lange drüber freuen können und dann erst, wenn sie größer werden, wissen wir wie sie ausgesehen haben.

Nach meiner Erinnerung wurden wir im Garten vor der Haustür aufgenommen. Ein Tisch wurde herausgestellt. Mutter sorgte dafür, dass wir vorher zuerst unser gutes Zeug anzogen. Damals trugen wir in der Woche nur blauen Leinenkittel mit Wollstoff gefüttert und statt einer Mütze einen Ackermann, das war eine Michelmütze mit einem Klunker oben. Ich war damals wohl 12 Jahre, also wird es im Jahre 1870 gewesen sein. Eine Zeit, wo auf dem Lande so gut wie gar nicht aufgenommen wurde. Leute mit dem Knipskasten waren in den 90er Jahren noch sehr selten im Dorf. Es soll aber auch bei dieser Gelegenheit gesagt werden, dass 1879 ein Mann durch die Dörfer ging und die Schulen aufnahm. Ein Bild von der Todendorfer Lüttschool ist in unserem Dorfbuch. Die Hammoorer und die Mollhagener Schulen sind damals auch aufgenommen worden, leider fehlt uns immer noch das Bild von der Todendorfer „Grootschool“. Vielleicht hat es ein Todendorfer, der außerhalb wohnt. Jedenfalls ist das Foto eine Seltenheit, wir können unserer fortschrittlich gesonnenen Mutter heute noch dankbar sein, dass sie uns ablichten ließ (so sagt man heute). Das Bild haben wir immer gern gezeigt und freuen uns heute erst recht dazu.

Auf der Rückseite des Lichtbildes von Heinrich und Fritz Griem steht „Lewetz, Hamburg Wandsbeker Chaussee 105“. Dieses Geschäft kommt im Hamburger Einwohnerbuch 1869 zuerst vor. Als dessen Wohnung war Uhlenhorst, Bleicherstraße (jetzt Leipzigerstraße 9) angegeben. Dort hat er auch wohl eine kleine Zweigstelle. 1870, 1894 und 1902 ist das Geschäft immer noch in derselben Straße, allerdings unter einer anderen Nummer. 1909 ist das Geschäft nicht mehr angegeben, selbst sein Name ist aus der Stadt verschwunden, wahrscheinlich ausgestorben. Die Sache ist insofern von einiger Wichtigkeit, weil hiermit festgestellt werden kann, wann ungefähr in Todendorf und auf dem Lande überhaupt die ersten Lichtbilder aufgenommen sind.
Lewetz wird als unternehmender junger Mann seinen Kasten genommen haben und auf die Dörfer gegangen sein, wahrscheinlich um seinen Verdienst zu erhöhen. Vielleicht war er selbst vom Dorf. Ermöglicht wurde dieses Unternehmen hauptsächlich dadurch, dass am 1. September die Hamburg-Lübecker-Eisenbahn im Jahre 1865 eröffnet wurde. Man konnte damals schon von dem alten Lübecker Bahnhof in Hamburg schnell in 39 Minuten nach Bargteheide fahren, also in etwa 2 Stunden in Todendorf sein, auch von Ahrensburg aus. Lewetz hat also in etwa 2 Stunden Todendorf erreicht und auch wohl die ganzen Dörfer besucht. Auch das Bild der Tante in Oetjendorf wird von ihm gemacht sein.
Lewetz wird es auch gewesen sein, der 1879 die Hammoorer, Todendorfer und Mollhagener Schulen abgenommen hat, vielleicht auch noch andere Schulen in der Gegend. 1839 wurde die Lichtbilderei überhaupt erst erfunden in Paris, sie ist also ziemlich schnell in unser Todendorf gekommen.
Man sieht also, wie nützlich dass Chronikschreiben ist, welche Kulturwerte und Forschungen dabei festgestellt werden können. Ich habe auch darüber nachgedacht, wer wohl das Schulbild in Todendorf gemacht haben könnte, ich bin nämlich selbst damit drauf.

Unsere Friedenseiche

An einem schönen Oktobertage des Jahres 1872, ich war damals 14 Jahre alt, wurde in unserem Dorf die Friedenseiche gepflanzt und geweiht. Unser Lehrer H. Buck sagte eines Tages zu uns: „Kinder, bald soll eine Friedenseiche zur Erinnerung an den großen Krieg, den wir gewonnen haben, gepflanzt werden. Der Herr Pastor kommt und weiht sie und wir müssen dazu ein Lied einüben.“
Das Lied: „Freiheit die ich meine“ wurde 3 stimmig eingeübt, ich sang die 2. Stimme. Wir sangen aber nicht Freiheit, sondern Frieden den ich meine. Auf dem Dorfplatz, wo die Eiche gepflanzt werden sollte, hatte man aus Grassoden (Placken), eine kanzelartige Erhöhung aufgebaut, die am oberen Rande mit kleinen Tannen bepflanzt war. Auf der Erhöhung stand Pastor Rulfs und vor der Kanzel standen wir. Ringsum aber standen viele, viele Dorfbewohner. Pastor Rulfs hielt eine zu Herzen gehende Rede und wir sangen unser Lied, nachdem die Eiche gepflanzt war. Wir waren wohl 20 Sänger.
Nach einer Erinnerung des Webers Heinrich Stohmer, Krummstück, wurde die junge Eiche, ein schlanker Baum, aus dem Jagen 11 der Ochsenkoppel genommen. Abends fand bei dem Gastwirt Hans Schmüser eine Festlichkeit mit Ball statt.

Ausbildung

In meinen jungen Jahren habe ich eine Zeitlang eine Bienenzucht gehabt und guten Erfolg damit gehabt. Der Ertrag bei meinen paar Körben war 128 Pfund Honig in einem Jahr. Ich musste die Bienen aber leider wegen überlastung durch die Klinke bald wieder aufgeben.

Als ich um 1878 in Wandsbek bei Ahlers in Stellung war, jung, gesund, kräftig und gewandt, bat mich eines Tages der Viehhändler Johann Westphal um eine Gefälligkeit. Der Tierarzt Stoltenberg war gekommen, um einen ausgewachsenen großen Eber zu beschneiden. Es waren zu diesem Ereignis viele Leute zusammengelaufen, aber keiner hatte den Mut, den Eber festzubinden und zu halten, keiner wagte sich an das Biest heran, selbst der Tierarzt Stoltenberg nicht.
Ich sagte zu und überlegte indessen, wie ich den Eber zum Liegen bringen könnte. Westphal war mehr für nehmen als für geben, er hätte mich mit 30 Pfennigen abgespeist. Ich forderte also für die gefährliche und schwere Arbeit 3 Mark, die er mir zugestehen musste, obgleich es ihm schwer zu fallen schien.
Ich nahm einen starken Reep, machte eine Schlinge und kraulte den Eber von rückwärts langsam den Rücken entlang bis zum Kopf. Unter Zureden gelang es mir, die Schlinge ins Maul zu bringen, hinter einen der großen Hauer. Das war Glück. Die Schlinge konnte er jetzt nicht mehr loswerden. Den Reep schlug ich einige Male um eine dicke Säule, die mitten im Stall stand, damit war das Tier gefesselt. Nun machte ich an allen vier Beinen einen Strang fest und forderte 4 Mann auf, den Eber umzulegen. Als er lag warf ich mich gleich auf den Kopf des Tieres, damit war er machtlos und der Tierarzt konnte ruhig seinen Eingriff vornehmen, nachdem er vorher die Beine ordnungs- und fachgemäß gefesselt hatte.

Meinen Thaler hatte ich schnell verdient, das war damals ein großes Stück Geld. Dieses Stück ist mir nun fast 65 Jahre gut in Erinnerung geblieben.

Vergnügungen

In meiner Jugend war ich frohgemut und recht tanzlustig und meine Frau war es ebenfalls. Wir gingen gern zu den üblichen Bällen im Dorf, in den Nachbardörfern oder auf den Bargteheider Markt. Damals konnte man bei gutem Verzehr die Kosten mit einem Thaler bestreiten.

Eine andere, recht nette Unterhaltung und viel Freude boten uns die Kartenabende, die 14tägig abgehalten wurden zusammen mit unseren Frauen. Die Männer sowie die Frauen spielten, jedes Geschlecht für sich, das beliebte Solospiel. Die Abende begannen um 20 Uhr und um 24 Uhr war Schluss, zwischendurch eine vergnügte Kaffeepause. Alles gewonnene Geld kam in eine Kasse. Für dieses Geld wurde im Sommer ein Ausflug nach Blankenese oder Hamburg oder eine Rundfahrt mit eigenem Fuhrwerk durch die Nachbardörfer oder ähnliches gemacht. Das Geld wurde immer aufgebraucht. Einstmals machten wir eine Schlittenfahrt über Ahrensburg und Hoisbüttel. Dort machten wir eine Kaffeepause bei Wagner. Frau Wagner war Todendorferin von der Appelstelle (Peemöller Rönnbaum), dann ging die Fahrt weiter über Bargteheide, wo bei Frau Filter ein längerer Aufenthalt war. Im Ganzen war es eine lustige Fahrt, mir war es so, als hörte ich auf der letzten Strecke die Glocken doppelt läuten.

An den Kartenabenden nahmen teil :
1. Kreis : Stahmer Krummstück, Musikus Sengelmann, Musikus Wulf und ich.
2. Kreis : Fritz Buck Hofplatz, Stahmer Krummstück, August Gehrken Ochsenkoppel und ich.

Die Landwirtschaft

In der aufstrebenden Zeit nach 1870 entwickelte sich die Landwirtschaft immer mehr. Die Gefallenen und die Kämpfer des 70er Krieges haben Deutschland zur Macht gebracht. Ihnen haben wir die gute Zeit bis 1914 zu danken, ausgedrückt durch den Namen Bismarck. Seit Mitte der 80er Jahre, besonders aber in den 90er Jahren kam dieses auch in den Dörfern schon zum Ausdruck. Die Landwirtschaft zusammen mit dem Handel und gefördert durch die ebenfalls sich entwickelnden Wissenschaften, blühte auf. Körnerbau, Futter und Fruchtbau entwickelten sich rasch durch den größeren Verbrauch an Kunstdünger. In diesen Jahren entwickelten sich auch immer mehr die Schweinemästereien. Die Großstädte, fast aus der Erde geschossen, hatten einen ganz erheblichen Mehrverbrauch. Auch die Bauern gönnten sich 1890 schon mehr Schinken als 1870, das bestätigte unser Dorfgenosse Brunswig, der über vierzig Jahre mit Schinken handelte. (De Buurn freet de meisten Schinken nu sülben up! sagte er manches Mal). überall in den Dörfern entstanden Schweinemästereien. Leute, die sonst gar nichts davon verstanden, fingen an, Schweine zu mästen.

Um 1895 begann ich auch Schweine zu mästen (auf Verkauf). Im Sommer, sobald der Kuhstall leer war, bezog ich sofort und tat es jahrelang mit 20 - 25 Ferkeln aus Tremsbüttel, weil dort gute Rasse war. Dann kaufte ich im Laufe des Sommers immer weiter, um sie zu den verschiedensten Zeiten schlachtreif zu haben. Um auch den Spitzenhöchstpreis zu erzielen, verkaufte ich meine Schweine nicht an unsere Händler, sondern geradewegs an den Viehkommissionär selbst. Ich fuhr die fetten Schweine auch selbst auf der Achse nach Hamburg. Westphal und Schleef & Sohn waren hauptsächlich meine Abnehmer. Das Mästereigeschäft war sehr einträglich, zuletzt lieferte ich im Jahr, und das jahrelang, 90 - 100 fette Schweine ab. Jedes um 250 Pfund und mehr.
Der Kraftfutterverbrauch war dementsprechend erheblich, er bestand zur Hauptsache aus russischer Gerste, 1 Sack zu 150 Pfund. Davon brauchte ich alle vierzehn Tage eine Fuhre, 37,5 Zentner. Der Sack ,150 Pfund, kostete damals 9 Mark. Die 6 Wochen alten Ferkel kosteten 10 bis 12 Mark. Der Preis der Schweine (Lebendgewicht) bewegte sich zwischen 55 und 65 Mark. Ich habe manchmal auch 75 Mark bekommen, es gab aber auch Zeiten wo ich für 28 Mark verkaufen musste, denn selbst essen konnte ich sie auch nicht. Der Preis war dann unter Selbstkosten. Im ganzen war es aber ein lohnendes Geschäft mit gutem überschuss.

Im Jahre 1907 war im Kirschspiel Eichede und Umgegend immer noch kein Leichenwagen vorhanden, trotzdem schon lange ein Bedarf war. Ich kaufte zusammen mit Peemöller Rönnbaum (Appelbur) einen Wagen in Hamburg. Pflicht bei diesem Unternehmen ist, dass man jederzeit auf Abruf zur Stelle sein muss, ob gutes oder schlechtes Wetter, ob Saatzeit oder Erntezeit. Es sind zwei Klassen vorgesehen, bei der 1. Klasse bekommen die Pferde Büschel und schwarze Decken auf und kosten 27 Mark. Die 2. Klasse kostete 24 Mark. Den Wagen habe ich die ersten Jahre bis 1922 selbst gefahren, jetzt fährt Peemöller ihn. Die Auseinandersetzung ist zwei zu einem Drittel, der nicht fährt. Alle Vierteljahr wird abgerechnet. Der Wagen steht bei Peemöller unterm Schuppen. Wir haben in den fast 36 Jahren den zweiten Wagen.

In Todendorf bestand früher eine Mobiliengilde. In dieser übernahm ich nach Abgang von Lehrer Buck den Schriftführer Posten. Das war im Jahre 1900. Diese Versicherung hatte während der Zeit der vielen Brände hohe Entschädigungen zu bezahlen und konnte kaum bestehen. Man wollte sich einer größeren Versicherung anschließen und forderte von den nächstgelegenen Versicherungen Satzungen ein. Wilstedt war am günstigsten, weil dort eine Sicherheitsrücklage vorhanden war. Wir wurden gleich geschlossen aufgenommen und ich kam gleich in den Vorstand. Meine Aufgabe war, jährlich zweimal mein Gebiet abzusammeln. Das dauerte jedes mal vier Tage und das waren eigentlich meine Ferien, war meine Entspannung. Als Vertreter von Todendorf sammelte ich die Dörfer Barkhorst, Eichede, Grönwohld, Lütjensee, Mollhagen, Oetjendorf, Sprenge, Todendorf und - bald wäre es vergessen - auch Lasbek ab. Von 1900 bis 1937 versah ich dieses Amt. Dreimal im Jahr mussten wir nach Wilstedt zur Gildeversammlung. Das taten wir gern, weil es ein fröhliches Wiedersehen gab und wir oft recht vergnügt waren bei freiem Essen, Trinken und Rauchen.

Als Kirchenältester war ich 18 Jahre in Eichede ehrenamtlich mit tätig, es war die Zeit des 1. Weltkrieges. Ich erinnere noch, dass die Glocken abgeliefert werden mussten. Bei der Neuanschaffung der Ersatzglocken 1920/21 wurde der Auftrag nach Lübeck vergeben. Bei der Festlegung der Inschrift der neuen Glocke wurde auch mein Name mit aufgeschrieben, so dass er mit eingegossen wurde als Kirchenältester. Außer meinem Namen wurden noch Adolf Stolten, Heuer und Peter Kruse mit eingegossen. Ich kann mir nun einbilden, dass bei jedem Geläut auch mein Name mit über die Fluren schallt oder klingt. Die Sitzungen wurden im Pastorat abgehalten. Wir verhandelten über die Kirche als Bauwerk und über Verwaltungsangelegenheiten.

Verbesserungen an Gebäuden

Ein Jahr nach der Übernahme der Stelle habe ich das Innere unseres Hauses ganz umgestaltet. Aus dem alten Rauchhaus ohne Schornstein habe ich ein zeitgemäßes Haus gemacht. Es wurde eine Küche eingerichtet, ebenso eine Vordiele. Die Stuben bekamen anstatt Lehm- Holzfußböden. Eine Rauchkammer wurde angelegt und der Viehflügel wurde um ein Stück verlängert nach Süden hin. Weiter wurde ein Kornschuppen gebaut mit Wagenlass. Dort hinein gehen 55 Fuder Korn. Auch die alte Kate wurde innen ganz neu eingerichtet.

Wir haben in unserem Garten 3 schöne Glaskirschenbäume. Der Ertrag war von uns nicht zu bewältigen. In der Kirschenzeit pflückten wir vormittags mit 2 - 3 Mann Kirschen und nachmittags fuhr ich damit nach Bargteheide, wo ich sie reißend los wurde. Ich verkaufte nicht nach Gewicht, sondern nach Kummen. Eine Kumme für 10 Pfennige. Das brachte viel Geld. Äpfel wurden gelegentlich, wie der Ertrag war, verkauft.

Die von meinem Großvater Johann Möller angepflanzte Buschkoppel habe ich abgeschlagen und gerodet. Das schlanke Eschenholz verkaufte ich nach Groß Borstel an einen Bandreisser für großes Geld und fuhr 6 Fuhren auf der Achse hin. Eine Fuhre brachte ich tags vorher nach Meisterlien, bei Ahrensburg an der Chaussee, und holte am nächsten Tag eine Zweite nach. Von dort aus auf der festen Straße konnte ich zwei Fuhren zusammen hinfahren. Das Erlenholz und das Gezweige verkaufte ich an den Köhler Züchtig in Tremsbüttel. Dieser vermillerte (Kohlemeiler) es auf unserer Koppel. Dieses war wohl das letzte Mal, dass in Todendorf geköhlert wurde.

1891: Die neuzeitliche Landwirtschaft mit ihrer besseren Bearbeitung des Bodens, dazu die Abwanderung der Landbevölkerung in die Großstädte, die immer stärker wurden, bewirkte auf dem Lande einen Arbeitermangel. Man kam immer mehr dazu, sich Maschinen anzuschaffen, ob man wollte oder nicht. Ich sah den Vorteil der Maschinen ein und schaffte als erstes einen Pferdegöpel an mit einer Dreschmaschine. Die Maschine kaufte ich in Winsen an der Luhe, sie wurde mit der Bahn hergeschickt. Der Göpel kostete 120 Mark und der Dreschkasten 500 Mark. Bald nachdem kaufte ich eine Mähmaschine mit Handablage und 1903 auch eine Sämaschine. Es folgten bald Pferdeharke und Rübenschneider. Eine Häckselmaschine mit Schwungrad hatte schon mein Vater für 75 Mark gekauft. Mit all diesen Hilfsmaschinen war uns erst geholfen.

Unsere Spinngeräte aus alten Zeiten wurden zuletzt (1930 - 1938) so verbraucht, wozu sie nützten; denn gesponnen wurde in den letzten 50 - 60 Jahren doch nicht mehr oder, anfangs der 80er Jahre, ganz wenig. Man konnte das Leinen viel besser und feiner, auch billiger, fertig kaufen. Heute, wenn man Glück hat und noch einmal ein eigen gemachtes Stück Leinen erbt oder sonst erhandelt, erkennt man doch die große Güte und Haltbarkeit solcher Stücke.

Vom Erben muss auch noch einiges gesagt werden. Es ist ja eine schöne Sache, etwas zu erben, etwas zu bekommen, wofür man eigentlich nichts getan hat. Allerdings liegt vielfach auch ein gefährlicher Zündstoff in solcher Angelegenheit; aber wer wird denn zu den Unverträglichen gehören?

Aber gerade auch dem Lande, auf dem Acker gibt es manchmal noch viel Kostbares, Wertvolles von unseren Vorfahren zu erben. Ich meine die vorgeschichtlichen Hinterlassenschaften unserer Ahnen. Viele dieser Funde sind aus Unkenntnis achtlos beiseite geworfen oder wieder verkommen. In Todendorf, mehr noch in Hammoor, sind viele wertvolle Funde gemacht worden, die unsere Frühzeit sehr erhellen. Die Funde waren künstlerisch und kulturell sehr wertvoll. Man achte als Besitzer auch auf diese Erbschaften, sie sind heute sogar Eigentum des Finders, wenn es nicht gerade einmalige Seltenheiten sind, die der Staat in Verwahrung nehmen muss. Man beachte also auch jeden kleinen Fund und bespreche ihn mit einem Fachmann, ob er wohl geschichtlichen Wert hat. In Hammoor ist 1848 ein schönes Bronzeschwert gefunden, aber wieder verloren gegangen.

Die Hofstelle Schmüser

Einmal bot sich die Gelegenheit, meine beiden Stellen Moor und Klinke mit der zweitbesten Stelle im Kreis Stormarn zu vertauschen. Die Stellenverkäufer waren dabei, August Schmüsers Stelle zu zergliedern, d.h. stückweise zu verkaufen. Man nannte diese Leute auch Stellenschlächter. Die Stelle hat eine Größe von 106 Tonnen, alles schönes Land mit 1/2 Meter Mutterboden, dazu schöne Wiesen, alles um die Hofstelle gelegen. Es war die Kernstelle des ehemaligen Gutes. Dort hatten die Hofgebäude gestanden. Mit der Stelle war auch eine Gast- und Schankwirtschaft verbunden, die erhebliche Erträge brachte. August Schmüser hatte um 1890 30.000 Mark angefasst. Jedes Kind hatte 5.000 Mark von ihm ausbezahlt bekommen. Die Schmüser Familie ist seit 1766 auf der Stelle gewesen. Es ist bedauerlich, dass so eine alteingesessene Familie den Besitz verlassen muss, besonders da der Nachwuchs nicht fehlte.

Das alte Bauernhaus, ein großes Strohdachhaus, gut gebaut, noch mit alter Fensterverglasung auf der großen Diele und starkem Eichengebälk, brannte 1908 ab. Schmüser konnte nur notdürftig wieder aufbauen, weil schon die Mittel fehlten. Eine Stelle von der Güte braucht schon einen großen Haus- und Scheunenraum.

Die Gütermakler versuchten zuerst die Stelle im Ganzen los zu werden und boten sie mir an. Ich hätte sie gut mit meinen Vieh- und Gerätebestand bewirtschaften können, meine Kinder waren soweit, dass sie nach und nach mit einspringen konnten. Wir, meine Frau und ich, hatten uns aber erst durch viel Arbeit aus dem Gröbsten herausgearbeitet und wollten nicht noch einmal wieder von vorn anfangen. Wir saßen ja ruhig und hatten unser Auskommen. Verkehrt wäre es aber für die Familie nicht gewesen und die schöne Stelle wäre zusammen geblieben.

Vom Chausseebau

Zur Zeit als der Ziegeleibesitzer Wilhelm Rustenbach Gemeindevorsteher war wurde 1904/5 die Chaussee Hammoor-Mollhagen gebaut. Das gab wieder einmal Anlass für die Dorfleute, sich aufzuregen. „Das wird wieder viel Geld kosten, wer soll das bezahlen? Tut das nötig?“ Das ganze Dorf war aufgeregt. Man sagte: Rustenbach tut es nur, um seine Steine besser verkaufen zu können.

Die Chaussee wurde aber doch gebaut und von den Kosten hat im Dorf so gut wie keiner etwas gemerkt. Dafür hatten aber alle Dorfleute viele Vorteile, auch die Klein- und Kleinstbesitzer. Sie hatten einen viel besseren Radfahrweg, vom Fußweg nicht zu reden. Alle sparten Zeit, Gummireifen und Fußzeug. Die größeren Besitzer brauchten keine Wege mehr auszubessern, keinen Kies kilometerweit fahren und schonten ihre Pferde und Fahrzeuge. Die Arbeitszeit ist auf der Landstelle gewiss besser zu verwerten. Ganz schlimm wäre es geworden, wenn die Chaussee nicht gebaut worden wäre, denn dann hätten die Autobauern keine Freude an ihrem Auto gehabt, so schmutzig wäre es auf den schlechten Wegen geworden, dass sie sich hätten nirgends sehen lassen können.

Es ist die alte Sache, etwas Neues wird immer bekämpft. So war es mit der Meierei auch. Heute geht es ohne Meierei überhaupt nicht mehr. Das gleiche Erlebnis hat unser Nachbardorf Hammoor auch gehabt. Erst mit der Meierei und einige Jahre später ging es dem Bauernvogt Dwenger ebenso, als die Chaussee Bargteheide-Hammoor gebaut werden sollte. Dieses erinnere ich noch ganz genau (der Schreiber), da der kleine Dwenger sich bei meinem Vater in der Gastwirtschaft darüber beklagte, dass er so viele Gegner im Dorf hätte.

Von Hausmitteln

Die Kunst der Ärzte wurde vor Zeiten noch wenig in Anspruch genommen. Ein Arzt musste ein ganzes Kirchspiel und oft noch mehr betreuen. Vielfach scheute man auch die Kosten. Kleine Leute wollten nicht in Schuld geraten. Bei Wind und Wetter, im Winter, bei schlechten Wegen ohne Fernruf war es auch umständlich und zeitraubend, einen Arzt zu benachrichtigen.

Es war die Zeit der Hausmittel, der Tees, der Wunderkräuter, der Salben und Pflaster, der Besprechungen, der Pillen und der Reste des Aberglaubens. Es gab aber auch immer Leute, die nebenberuflich sich als Heilkundige betätigten. In Papendorf war ein Mann, der Verstauchungen und ausgesetzte Glieder wieder in Ordnung brachte. Bartels in Gölm setzte Köpfe. Meine Großmutter ließ sich von Zeit zu Zeit auf dem Rücken 15 - 16 Köpfe setzen. Sie hielt dieses ihrer Vollblütigkeit wegen für nötig. Der Vorgang war so: Der Mann nahm eine Glasglocke mit einem Durchmesser eines 5 Mark Stückes, hielt diese über eine Spiritusflamme, um die Luft heraus zu bringen, dann setzte er sie auf die Haut. Die entleerte Glocke zog die Haut hoch, es entstand eine Blutblase. Diese wurde mit einem Werkzeug aufgeschnitten und das Blut entnommen. Danach wurde etwas Salbe darüber gewischt und heilte bald ab.

Andere hielten sich eine Anzahl Blutegel und setzten diese an, sobald Vollblütigkeit im Kundenkreis vorlag. Die Blutegel wurden dann mit Kümmel oder Bier übergossen, damit sie das Blut wieder von sich gaben. Alsdann waren sie für neue Arbeit wieder brauchbar. Aufbewahrt wurden die Egel in einer Schüssel mit Wasser.

Was von den Ärzten gesagt wurde, gilt auch für die Tierärzte. Sie wurden auch noch wenig in Anspruch genommen. Ihre Tätigkeitsbereiche waren wohl noch größer. Als tüchtiger Tierheilkundiger galt der vormalige Besitzer der Rustenbachschen Stelle in Todendorf-Kramm. Er verstand es sehr gut, kranke Tiere zu behandeln. Bei Kramm diente lange Jahre als Knecht Hans Knack, der wohl als Heilkundiger Veranlagung hatte. Im Laufe der Jahre erwarb er von seinem Herrn manche Kenntnisse und betätigte sich später im Dorf und in der Umgebung als Tierheilkundiger. Er erwarb sich einen guten Ruf als solcher. Von Hans Knack wieder nahm sein Sohn Hans Knack, Schumacher auf dem Fliegenberg, die Tierheilkunde an, der ebenfalls als tüchtig galt.

Familienstand

Heinrich Griem hatte mit Catharina, geborene Sengelmann, 7 Kinder.

 

1. Erna Röpke, geb. Griem, geboren am 24. September 1891

Lernte gleich nach der Schulzeit Kochen in der Alsterschleuse zu Poppenbüttel bei Jungklaus. Die Alsterschleuse war ein beliebtes Sommerlokal für Hamburger Ausflügler. Erna wurde dann Wirtschafterin bei dem Bauern Röpke aus Vinzier. Später heiratete sie Max Röpke. Die Bauernstelle umfasst etwa 90 Tonnen. Aus der Ehe mit Max Röpke entsprossen drei Söhne, zwei davon sind jetzt Soldat.

 

2. Olga Hittendorf, geb. Griem, geboren am 6. April 1893

Lernte ebenfalls bei Jungklaus in Poppenbüttel Kochen. Kam dann als Wirtschafterin zu dem Bauern Lüth nach Schieren bei Segeberg. Lernte später ihren Mann durch ihren Bruder Franz im Krankenhaus Betanien in Hamburg kennen. Heiratete Hermann Hittendorf aus Bork in Westfalen. Der Ehe entsprossen zwei Mädchen. Das 1. Kind starb an Zahnkrämpfen nach neun Monaten. Das 2. Mädchen Sylva ist jetzt Gutssekretärin auf dem Gut Rixdorf bei Plön.

 

3. Herta Becker, geb. Griem, geboren am 15. Juli 1895

Lernte Kochen im Ostseebad Dahme. Ist dann zu Lüth in Schieren als Wirtschafterin gekommen. Heiratete den Gärtner Harald Becker, Kiel. Der Ehe entsprossen zwei Kinder Werner und Thea.

 

4. Franz Griem, geboren am 20. März 1897

Lernte die Landwirtschaft auf der väterlichen Scholle. Besuchte auf Kosten des Staates die landwirtschaftliche Schule zu Segeberg. Heiratete als junger Mann auf den Besitz Koops zu Kasseburg die älteste Tochter und wurde Besitzer auf der Stelle Maria Koops.

 

5. Adolf Griem, geboren am 16. Januar 1899

Lernte zuerst die Landwirtschaft auf der väterlichen Scholle und nachdem noch bei Lüth in Fahrenkrog Kreis Segeberg. Hat den 1. Weltkrieg mitgemacht. Blieb bis zur Besitzübernahme auf der Stelle in Todendorf. Heiratete 1928 Marie, geborene Diestel, Todendorf. Der Ehe entsprossen zwei Kinder, ein Sohn Joachim und ein Mädchen Mariechen von jetzt 12 und 7 Jahren. Er bewirtschaftete die Stammstelle seit 1928 nach altem Herkommen mit Fleiß und Umsicht im Sinne seiner Vorfahren. Den Viehflügel, der im Laufe der Zeit baufällig geworden war, hat er gänzlich erneuert und hat ihn statt der Pfannen mit einem Kunstschieferdach versehen. Beim 2. Weltkrieg machte er von August 1939 bis Oktober 1940 in Frankreich mit. 1938 war er gleichfalls dabei, als der Zug ins Sudetenland ging.

 

6. Martin Griem, geboren am 24. Januar 1903

Lernte bei seinem Onkel Martin Griem in Halstenbek die Baumschulengärtnerei und war dann als Gehilfe tätig in Wedel. Im 1. Weltkrieg musste er zur Unterstützung seines Vaters zurück nach Todendorf. Am 25. Mai 1928 übernahm er das Erbteil seiner Mutter, die Landstelle Hölten-Klinke und heiratete Annita, geborene Voß aus Gut Lasbek. Der Schwiegervater hat eine große Schäferei von etwa 120 Schafen.

 

7. Thea, geb. Griem, geboren am 11. Dezember 1905

Lernte Kochen und war dann einige Jahre in Hamburg in Stellung bei Busch. Kam dann nach Hause und lernte auf Martins Hochzeit Emil Voß kennen und heiratete diesen. Sie wohnt jetzt auf Gut Lasbek. Der Ehemann betreibt eine große Schlachterei und Schäferei.

Sippengeschichte

Die Geschwister von Heinrich Griem

1. Fritz Griem, geboren am 12. November 1860, lernte in Bargteheide beim Meister Luther dass Tischlerhandwerk von 1875 bis 1878. Ging später nach Hamburg und arbeitete dort beim Meister Busch und Sohn in der Conventstraße. Mit 20 Jahren macht der sich mit seinen vier Kameraden auf die Wanderschaft. Diese fünfköpfige Gesellschaft wanderte den Rhein aufwärts, sah den Mäuseturm und die Rheinburgen bis Mainz. In Mainz trat die Gesellschaft bei einem großen Meister, der 120 Leute in Arbeit hatte, in Arbeit. In dem Geschäft waren schon Hilfsmaschinen tätig. Hier blieben sie ein Jahr. Fritz Griem erwarb sich dort eine Vertrauensstellung und wurde mit seinen Kameraden zusammen nach Antwerpen zur Aufstellung von Möbeln für die Weltausstellung geschickt. Später haben sie alle wieder ein Jahr zusammen in Brüssel gearbeitet. Von Brüssel ging die Reise nach Zürich, wo längere Zeit gearbeitet wurde (Es wird gesagt, sie hätten am Genfer See Bernstein gesammelt und auch einige Stücke mitgebracht. Ob dieses nun der Genfer - oder der Züricher See gewesen ist, bleibt ungeklärt. Gearbeitet hat die Gesellschaft in Genf aber nicht).

Ihr Plan war, über Italien nach Jerusalem zu reisen. Als sie in Venedig ankamen, konnten sie mit der Sprache nicht zurechtkommen und gaben diesen Plan auf. Sie reisten zurück und arbeiteten dann wieder eine Zeit bei ihrem alten Meister in München. Machten sich auch hier wieder fort und wanderten nach Berlin, wo sie wieder Arbeit nahmen für längere Zeit, um wie immer ihren Geldbeutel aufzufüllen.

Von Berlin machte sich die Gesellschaft auf nach Hause. Die ganze Wanderschaft hatte vier Jahre gedauert. Fritz Griem kam also Weihnachten 1884 zurück und feierte das Fest im Elternhaus in Todendorf. Er konnte viel erzählen, jeden Abend kamen Nachbarn und Leute aus dem Dorf, um zu hören. Es ist anzunehmen, dass die ganze Reise nach dem Brauch der damaligen Zeit auf Schusters Rappen gemacht wurde. Bald nach seiner Rückkehr eröffnete Fritz Griem in Hamburg-Barmbek, Stückenstraße, ein Tischlergeschäft. Er übernahm Bautischlerarbeiten, erhielt große Aufträge und hatte bald 17 Gesellen. Leider musste er als Meister ein hartes Lehrgeld bezahlen. In der damals wilden Zeit fiel er Betrügern in die Hände. Er bekam für eine ganze Bauarbeit keinen Pfennig Geld und musste sein Geschäft, der Schulden wegen, aufgeben.

Nun, so bei Gelegenheit traf er seinen Lehrkameraden Arps aus Izstedt. Beide hatten in der Conventstraße zusammen gearbeitet. Die Werkstatt in der Conventstraße konnte Arps übernehmen. Arps machte den Vorschlag, das Geschäft zusammen zu übernehmen, was auch geschah. Sie blieben dann einige Jahre zusammen. Fritz heiratete inzwischen Anna, geborene Meier, aus Hamburg. Die Tischlerei hatte aber zu große Unkosten wegen der zwei Inhaber. Fritz trat aus und nahm durch Vermittlung seines Schwiegervaters eine Schuldienerstelle in der Martini Straße an. Jetzt hatte er nach langen anstrengenden Jahren eine ruhige Lebensstellung. 1925 trat er in den Ruhestand. Zwei Jahre später schon verstarb er. Er hinterließ einen Sohn (Heinrich), zur Zeit Finanzobersekretär im Sudetenland. Die Tochter heiratete den Sohn eines Gärtners in Hamburg.

Familie Adolf Griem 2. Adolf Griem, geboren am 17. Februar 1863, kam nach der Schulzeit gleich in die Klempnerlehre zu Meister Voß in Reinfeld. Musste aber nach 17 Wochen die Lehre wegen Krankheit aufgeben. Seine Schlafstelle befand sich im Keller und war sehr feucht, wodurch dauernde Krankheit entstand. Nach Zahlung von 100 Mark Abstand gab ihn der Meister wieder frei. Adolf blieb dann für 2 1/2 Jahre auf dem väterlichen Besitz in Todendorf. Dafür ging sein Bruder Heinrich 2 1/2 Jahre in die Fremde nach Wandsbek und diese Stelle wechselten die Brüder nach Ablauf der 2 1/2 Jahre. Adolf blieb 4 Jahre dort bei Ahlers, jetzt Wirtschaft Schreck. Adolf wurde dann Soldat beim Infanterie Regiment 99 Straßburg i.E.. Nach der Dienstzeit nahm er Stellung an bei Kraus, Hamburg Heidenkampweg, Petroleum Vertrieb, als Kutscher. Er fuhr von 32 Wagen den Wagen Nummer 17, den er bis zu seinem Abgang 1937 fuhr, als er 74 Jahre alt war.

Adolf heiratete Johanna Nefken aus Todendorf, gestorben 1931. Der Ehe entspross eine Tochter, Bertha, die mit Wilhelm Kaphein verheiratet ist, Angestellter bei der HEW Hamburg. Bei dieser Tochter lebt jetzt Adolf Griem, 80 Jahre alt.

 

3. Martin Griem, geboren am 05. November 1865, konnte gleich nach der Schulentlassung, wegen Kopfschwäche, kein Geschäft lernen. Nahm in Wandsbek bei einem Großkaufmann Möller Stellung an. Musste dort auch den großen Garten mit unterhalten, wobei ihm die Lust zum Gärtnerberuf einging. Nach 2 1/2 Jahren trat er, auf Anraten seines Vaters und Brotgebers in die Gärtnerlehre bei der Kunstgärtnerei Harlie in Hamburg-Barmbek ein. Wegen seiner vielen Vorkenntnisse und seines fortgeschrittenen Alters lernte er nur ein Jahr. Gleich nach der Lehre nahm er Stellung in der Baumschule Matthiesen in Halstenbek an und blieb dort auch 2 1/2 Jahre. Er wurde nicht nur mit den Baumschularbeiten betraut, sondern führte auch die Buchführung aus. Matthiesen gewann großes Vertrauen zu ihm und bot ihm nach einem Vierteljahr an, ihm Matthiesen die Baumschule von 13 Tonnen Land abzukaufen. Matthiesen war auch gewiss etwas unter Druck, er sagte dem Alkohol etwas zu. Matthiesen forderte 22.000 Mark und verkaufte dann für 20.000 Mark. Martin Griem trat die Baumschule am 1. Februar 1891 an. Ein Jahr später heiratete er Clara, geborene Ruge, aus Tesdorf, Tochter des Bauern und Gastwirtes Ruge. Der Ehe entsprossen zwei Töchter Alma und Agnes und der Sohn Magnus.

4. Bertha Griem, geboren 21.05.1871, vereheligt mit Fritz Scharnberg zu Trittau, Bauer dort im Ortsteil Glockenpfuhl. Verheiratete sich 1893 und ist schon nach wenigen Jahren 1900 an der Diphteritis gestorben. Ihr ältester Sohn Gustav ist jetzt Besitzer der Bauernstelle in Trittau. Der 2. Sohn ist Angestellter der Großhandlung Ströh in Oldesloe. Eine Tochter Bertha ist verheiratet mit Dwenger (Hammoor).

Lebensüberblick

Die Zeiten meiner Kindheit und meiner Jugend unterscheiden sich doch sehr von der heutigen Zeit. 70, 80 Jahre und mehr sind dahin gegangen und haben ihre Spuren hinterlassen. Fortschritt auf allen Gebieten, die Umwelt hat sich vollständig verändert. In der Landwirtschaft ist die Arbeit nicht weniger, sondern eher mehr geworden; aber sie ist an körperlicher Anstrengung gewiss leichter geworden. Geräte und Maschinen helfen uns besser als ehedem.

Die Forken beispielsweise hatten früher dicke, kurze Zinken, die auch noch kantig waren, sie waren schwerer und unhandlicher. Jetzt sind sie aus Stahl, schlank, handlich geschweift, mit eirundlichen längeren Zinken, die leicht in den Stoff eindringen und leicht wieder heraus gehen. Dies macht bei stundenlanger Arbeit schon was aus an Kraftersparung. Die Schaufel war früher auch klobiger, schwerer und rauer in der Fläche, rostete viel leichter. Ebenso war es beim Escher. Hölzerne Schaufeln kennt man kaum noch, sie wurden meist zum Korn umschaufeln benutzt. Jetzt wird das Korn ja bald nach der Ernte abgeliefert, braucht also nicht bewegt zu werden.

Am Pferdegeschirr hat sich eigentlich wenig geändert. Die Häckselforklade ist jetzt ganz verschwunden. Damit zu schneiden war eine mühselige, zeitraubende Arbeit, die noch nach Feierabend gemacht werden musste. Die Häckselschneidemaschine hat jetzt elektrischen Antrieb. Die vielen Steck- und Runkelrüben werden nicht mehr mit dem s-förmigen Handhacker gestoßen, sondern mit der Maschine geschnitten. Korn- und Schrotmühlen haben ebenso elektrischen Antrieb. Die Mühlen sind während des Krieges abgestellt.

Durchweg haben alle Betriebe, die es irgend können, fließend Wasser in der Küche. Rindvieh wird durch Selbsttränker bedient. Auch bei der großen Wäsche ist fließendes Wasser eine große Hilfe. In den letzten Jahren bürgerte es sich ein, dass die Hamburger Großbetriebe Welscher und Tesdorp-Dahnke ihre Wagen auf die Dörfer schicken, die Hamburger waschen dem Bauern die Wäsche. Wer hätte das vor 80 Jahren gedacht. Damals wuschen die drallen Landmädchen den Hamburgern die Wäsche. Das Füllen der großen Waschkessel und das Entleeren ist heute keine schwere Arbeit mehr.

Die eigenen Göpeldreschmaschinen sind verdrängt durch die Lohndreschmaschinen, die in wenigen Tagen alles abdreschen. Das Buschholz und Stammholz wird mit der Maschine zerkleinert. Es sei noch daran erinnert, dass in meiner Kindheit bis zu den 80er Jahren das ganze Korn den Winter über mit dem Dreschflegel ausgeschlagen werden musste.

In meiner Kindheit gab es noch hölzerne Pflugbäume, die Pflüge waren einscharig. Dann kamen eiserne Pflugbäume mit 2 und 3 Scharen, davon haben die zweischarigen sich am besten eingeführt. Seit einigen Jahren vor dem Krieg gibt es den Wendepflug, der den Vorteil hat, dass man ein ganz ebenmäßiges Stück Land pflügen kann ohne welche Furchen. Dabei wird dann auch das Endstück (der Wenner) nicht so fest getreten. Die Eggen haben wie früher neben dem Eisenbalken auch jetzt noch Holzbalken, die Zinken sind statt aus Eisen aus Stahl, eine große Änderung ist bei den Eggen nicht eingetreten.

Sämaschinen fand man früher nur auf Höfen und großen Landstellen. Jetzt sät fast jeder Bauer nur noch mit der Maschine Korn und auch Rüben und andere Saat. Andere Hilfsmaschinen sind hinzu gekommen. Die Kartoffelpflanzmaschine: Ein Pflug mit einem Zapfenrad, welches die Löcher macht. Die Kartoffeln werden mit der Hand in die Löcher geworfen und diese mit der umgekehrten Egge zugeschleift. Der Kartoffelhacker hat 5 Zinken und wird mit einem Pferd über das Land gezogen. Das Pferd muss geführt werden, damit es nicht zuviel Pflanzen zertritt. Das Kartoffel häufeln geschieht mit einem Pflug, der ein Schar mit zwei Flügeln hat. Dann hat man jetzt noch den Kartoffelroder, der mit einem Schar die Kartoffeln hebt und mit einem Rad sie auf die Oberfläche wirft. Der Roder muss von zwei Pferden gezogen werden. Die Schleudermenge ist so groß, dass 8 Sammler zu tun haben um die Kartoffeln aufzulesen.

Seit Jahren hat jeder bessere Bauernhof eine Mähmaschine mit einem Selbstbinder. Jetzt im Kriege ist das Garn natürlich sehr knapp. Zum Rübenhacker wird ein Vorhacker gebraucht, der die Flächen zwischen den Reihen lockert und das Unkraut heraus hebt. Zwischen den Pflanzen muss mit einem Handhacker nachgezogen werden. Diese Maschine ist ein Reisser, der gleichzeitig drei Reihen vornimmt. Er kann von einem Pferd gezogen werden.

Ein Fortschritt ist auch die Jauchebewirtschaftung. Wir haben eine gemauerter Jauchegrube und dazu einen Metalljauchewagen für zwei Pferde, der 1000 Liter fasst. Die Grube ist für 50000 Liter eingerichtet, so dass wir 50 Fuhren machen können.

Die Betondecke der Grube ist gleichzeitig der Fußboden für den neu erbauten Hühnerstall. Die Geflügelzucht ist ja gegen früher auch bedeutend vergrößert. Früher hielten wir 20 Hühner, jetzt sind es wohl 100 Stück. Sogar bei dem Geflügelnachwuchs setzt die Brutmaschine ein, die bei gewissenhafter Bedienung gleich gut bei Hühnern, Enten und Gänsen arbeitet. Man hört allerdings noch, dass viele Maschinen überhitzt werden und dadurch die Brut verbrennt. Die Anlage des Dorfes als Streusiedlung macht es für die Geflügelzucht ganz geeignet, jeder wohnt auf seinem Besitz und belästigt seinen Nachbarn nicht damit, die Geflügelplage hat jeder von dem eigenen Viehzeug. Die Hühner zum Beispiel leben freizügiger, können Kraut und Gewürm nach Belieben suchen; wodurch die Eier gewaltig an Geschmack gewinnen. Die Todendorfer Eier sind deshalb in der ganzen Gegend bis weit über Hamburg hinaus beliebt und berühmt. Dadurch, dass jeder auf seinem Besitz wohnt, wird auch viel Zeit an Wegfahren gespart.

Der Rindviehbestand hat sich gegen früher fast verdoppelt, neben dem Stallmist, der an Menge dadurch verdoppelt ist, wird noch erheblicher Kunstdünger verbraucht. Ohne Kunstdünger ist die Landwirtschaft nicht mehr denkbar. Kaliphosphat für Acker- und Weideland und nach dem Wachstum Stickstoff als Kopfdünger.

Die Schweinezucht als Verkaufsmästung, die vor dem 1. Weltkrieg ein lohnendes Geschäft war, ist heute nicht mehr gängig. Die Hausschlachtungsmenge hat sich infolge des höheren Lebensstandes der Menschen seit 1870 verdoppelt. Man verkauft nicht mehr so viele Schinken wie damals, sondern isst sie selber.

Der Kleidungsstand der Menschheit hat sich gegen früher ganz erheblich gehoben, ebenso die Wohnungsausstattung. Wer kannte wohl früher einen Teppich im Zimmer, es wurde Sand gestreut. Als Gardinen kannte man nur kurze Fallen mit Klunker. Statt der blauen Leinenkittel und vorzugsweise Holzpantoffeln trägt man Modekleider und Modeanzüge, kaum noch von der Stadtkleidung zu unterscheiden. Statt der kurzen Pfeife oder der Zigarre raucht auch der Landmann heute tüchtig Zigaretten.

Rückblickend können wir sagen: Die Verbesserung der Geräte, die viele Hilfe der Maschinen, einschließlich des oben vergessenen Treckers und Motorpfluges, trotz der Vermehrung des Viehstandes, Geflügelzucht, Erhöhung der Düngerwirtschaft und auch der Annehmlichkeiten, dass der Bauer beim Pflügen, Säen, Mähen und Harken sitzen kann, ist die Arbeit nicht weniger sondern mehr geworden, aber auch einträglicher. Sie ist vielseitiger und muss mehr überdacht werden. Umsicht und übersicht fordern eine viel höhere geistige Tätigkeit, die nicht minder von der körperlichen Arbeitskraft zehrt. Vergessen darf nicht werden, dass auch die Maschinen selbst ihre Wartung haben müssen. Der Sorgen und Mühen sind heute noch über genug. Der geistige Genuss ist allerdings höher im Wert. Zur Zeit ist eine große Leutenot, Bauer und Bäuerin müssen in allem die Ersten sein, der Krieg beeinflußt das ganze Volksleben.

Schlußwort

Wir nähern uns jetzt dem Ende unserer Arbeit. In 3 x 4 1/2 Stunden haben wir es geschafft. Wir haben in der Zeit fast 2 Jahrhunderte Familiengeschichte zusammengebracht und doch ist es nur ein Stückwerk geblieben und das kann wohl nicht anders sein. Alles ist aus einem 85 Jahre alten Kopf geholt, denn die Vorfahren haben fast nichts aufgeschrieben.

Einschalten wollen wir hier, dass ANTON Möller noch nichts von der Schreibkunst verstand. Er zog sein eigenhändiges Kreuz und ließ es bestätigen; denn um 1778 konnte erst ein Viertel aller Todendorfer lesen und schreiben. Wie sollten sie Aufzeichnungen machen. Mit Christian und Christine wird es nicht viel anders gewesen sein. Von Johann aber besitzen wir Abschriften, die eine gute flotte Handschrift erkennen lassen.

Nun zurück zu unserer Arbeit. Sie musste flott gemacht werden, wegen beschränkter Zeit. Daher war es nicht zu vermeiden, das allerlei Flüchtigkeitsfehler mit hinein kamen. Der Vorgang war so: Heinrich erzählte ein Stück und wir überlegten dann zusammen, wie es am besten schriftlich darzustellen sei. Schließlich wurde alles mit dem Füller niedergeschrieben. (Johann musste mit dem Gänsekiel, den er selbst züchtete, oder mit der Truthahnfeder schreiben, er kannte wohl kaum eine Stahlfeder.) Mancher Satz hätte anders gebaut werden können, es hätte geschliffen und gefeilt werden müssen; aber nebenbei mussten Dorfbucharbeiten anderer Art gemacht werden, Berichte von Urlaubern aufgenommen werden usw.. Alles wurde nebenberuflich aufgenommen, dazwischen träufelten die Nachrichten von dem grausigen Krieg.

Ehe wir nun abschließen noch ein Wort an die Zeitgenossen und an die Nachfahren. Unser Führer hat diese Dorfbucharbeit und die Familiengeschichte ins Leben gerufen und in den Dörfern angeregt. Er wollte Arbeitern, Bauern und Beamten sowie Handwerkern das geben, was unsere Oberschicht schon Jahrhunderte hat und pflegt: geistigen Besitz und Haltung, den Stolz zu wecken, etwas zu sein und zu leisten. Er will, dass Stadt- und Landmensch gleich werden, dass jeder seine Eigenart behält, keiner geringer ist, ein Ende machen mit dem dummen Bauern, der von den Städtern nicht für voll genommen wird. Das ganze Landvolk sorgt für die Erhaltung der Stadt, für die Blutauffrischung und Nahrung. Jeder Bauer, Kätner, Handwerker oder Arbeiter soll seine Geschichte haben, damit er über lange Zeiten sich selbst klar ist und aus den Erfahrungen der Alten seinen Vorteil und Nutzen ziehen kann.

Auf der Hofstätte steht die alte Eiche

als Sinnbild der Stärke und Ausdauer, unter der schon mancher Besitzer Kind gespielt haben möge und später in des Lebenssturm und Wetter an ihr ein Beispiel gefunden und fest und stark geblieben ist, wenn die Versuchung an es herantrat. Es brauchte nicht zu erröten vor der Geschichte, nichts ist vertan oder verschlampert.

Nun schreibt auf von dem Gurren der Tauben, dem Legen der Hühner, dem Lämmern der Schafe, vom Kalben der Kühe oder vom Fohlen der Pferde. Da ist zu berichten vom Kornbau, vom Wiesenwuchs, vom Garten und auch vom Wetter. Der alte Lehrer in Hammoor hat in seiner Chronik das Wetter von 1798 bis 1832 getreulich aufgeschrieben. Er hat auch von den Bienen und von Feuersbrünsten berichtet, vom Krieg in aller Welt. Nur nicht ängstlich sein, keine Chronik ist daran gelitten, dass zuviel geschrieben wurde.

Vergesst aber vor allem nicht die Hausfrau, die immer emsige, fleißige, sorgende, die sich um alles kümmert, die alles unsichtbar am Faden hält, die, wenn alle Feierabend haben, sich noch hinsetzt und das Zeug der Gören flickt. Die keine Zeit hat krank zu sein. Die alle betreuen muss, vergesst sie nicht.
Aber auch die Hausfrau kann ihr Teil dazu beitragen, wie Marie geb. Diestel schon 1940 dem Dorfbuch mitteilte, wie um das Jahr 1900 das Tortenbacken durch Frau Riss nach Todendorf gekommen ist. Viele Todendorfer sind durch diese Kulturerrungenschaft kleine Leckermäuler geworden.

Wartet nicht und denkt es hat noch Zeit. Unser Großvater ist auch erst angefangen, wie er über 85 Jahre alt war. Mindestens jeden Monat muss man einschreiben. Die Hefte mit Tag und Jahr bezeichnen.

Wenn man denkt, jetzt kommt wohl das Ende, dann fehlt immer noch etwas. Man muss einmal den Blick auch von oben über die ganze Bauernstelle richten. Da ziehen manchmal dunkle Wolken über das Dorf und über unser Haus zusammen, ein Gewitter scheint heraufzuziehen, es wird still und unheimlich, ein Angstgefühl stellt sich ein. Der Freund Hein ist gekommen und nimmt Euch eine Seele aus Eurer Mitte. Aber schon zeigt sich ein heller Streifen, es klärt sich auf. Irgendwoher aus der Kammer hört man ein dünnes klagendes Stimmchen, die Sonne scheint wieder, alles ist hell geworden, Wärme legt sich auf die Gemüter. Man hört es deutlich, dieses helle Stimmchen. Ein Kindlein ist angekommen, vielleicht gar ein Thronfolger.
Und wieder ist Freude und Leben auf der ganzen Bauernstelle und die Jahre ziehen weiter, Jahrzehnte, Jahrhunderte. Der Wechsel bleibt, aber Haltung und Eigenart müssen ständig sein.

Eigenart unseres niederdeutschen Stammes ist die plattdeutsche Sprache. Wir haben die Pflicht, sie zu schützen und zu pflegen. Sie ist so gut wie die Hochdeutsche, aber noch viel älter und als Stammesgut viel schöner und herzlicher. Versucht es mal, diese Chronik ins Plattdeutsche zu übersetzen und ihr werdet sehen wie schön sie ist, wie viel besser sie unserem Wesen entspricht. Kauft gute plattdeutsche Bücher: Storm, Reuter, Fehrs, Kienau, Bringmann usw., sie sind ja alle so billig.

Wie nun der Acker gepflügt, geegt, gesät und geerntet wird, so soll auch dieses Familiengut betreut werden; wenn die Ernte dann auch nicht immer nach Wunsch ausfällt, so ist das Schicksal, wir müssen hoffen und zufrieden sein.

Dieses alles ist geschrieben den Vorfahren zu Ehren, den Zeitgenossen und Nachfahren zur Kenntnis. Nun lasst das Griemsche Haus Heimat und Zuflucht sein jederzeit.

Todendorf, im März 1943 im 4. Kriegsjahr

gez. Heinrich Griem