Der Stammsitz der Scharpenbergs war die Burg Linau (Lynowe), deren Reste noch heute in Linau besichtigt werden können.
Sie ist die einzige Burgruine in ganz Südholstein. Von der früheren Burg ist das Untergeschoß des runden Bergfrieds in Höhe von 3 m erhalten. Das Mauerwerk ist 3 m dick und umschließt einen Innenraum von 4 m Durchmesser. Das Fundament besteht aus groben Granitblöcken, die schichtenweise in Kalk gebettet sind. Der Oberbau war in Ziegelstein ausgeführt, wie die Funde der Umgebung beweisen. Das Dach war anscheinend mit gebrannten Dachpfannen gedeckt. Als der Bau 1824 entdeckt und ausgeräumt wurde, fand man ein Schwert, eine Lanzenspitze und eine Mauerkelle (Verbleib ungekannt). Aus dem starken Brandschutt schloß man, dass die Burg durch Feuer zugrunde gegangen sei. Die Ruine liegt in dem Garten des Bauernvogtes an der Nordspitze des Dorfes und stammt von der Burg Linau. Das Denkmal befindet sich in traurigem Zustand. Bis auf den heutigen Tag geht die absichtliche Abtragung des Baues weiter.
Grundriß der Burg Linau
Modell der Burg Linau
Ansicht der heutigen Burgruine
Foto: Reinhard Kraasch
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Den Grundriß der Burg erkennen wir im Bild rechts. Ein Modell der Burg, hergestellt auf der Basis vorhandener Unterlagen, findet sich im Heimatmuseum Bad Oldesloe (Dr. Klaus-Christoph Baumgarten). Die Anlage befindet sich an der Südspitze eines Moores und besteht aus drei Kuppen, die durch Gräben getrennt und umflossen sind. Der Hauptteil der Burg ist der mittlere Hügel, der einen Durchmesser von 45 - 50 m aufweist. Er erhebt sich 7,3 m über die tiefste Stelle des Grabens. Auf ihm befindet sich die Ruine. Durch einen 10 m breiten, flachen Graben getrennt lagert sich im Nordwesten davor ein zweiter Hügel, der in allen Maßen geringer ist. Durchmesser 25 - 30 m, Höhe 3,6 m über Grabensohle. Östliche von dem Haupthügel liegt ein Plateau von unregelmäßiger Gestalt. Dass es noch zum Bereich der eigentlichen Burg gehört, beweist der umlaufende Burggraben. Andererseits wird dieser Graben im Osten so schmal, dass die Verteidigungskraft nicht groß gewesen ist. Nach Aussage des Besitzers ist der Boden ganz rein, ohne Schutt und Wohnreste. Wir sprechen diesen Platz als Gemüse- oder Obstgarten der Burg an.
Linau gehörte zu den ältesten Ritterschlößern des Landes. Als sie uns in der Geschichte zum ersten Mal begegnet, befindet sich Linau schon darunter. Das Landfriedensbündnis, das Lübeck am 1. Januar 1291 mit mehreren mecklenburgischen Fürsten einging, richtete sich auch gegen diese Burg (Lüb. UB. Bd 1 Nr. 571 und 572). Im gleichen Jahre wurde Linau zerstört.
Solange Herzog Albrecht III. von Lauenburg sein scharfes Regiment führt, war für den Ritteradel schlechte Zeit. Kaum aber hatte er im Jahre 1308 seine Augen geschlossen, als Linau sofort wiedererstand. "Do wart die linowe weder buet, unde des rovendes in deme lande was deghere nenh sture" (Detmar).
Der Unfriede, der von Linau ausging, war so groß, dass sich im Jahre 1312 sogar der Graf Gerhard II. von Holstein-Plön, an dessen Grenze Linau lag, zu einer Unternehmung gegen die Feste entschloß. "Dessulven iares toch greve gherd de blinde vor die linowe, dar warp he up mit bliden. Do he des huses nicht kunde winnen, do toch de darauf ane vromen" (Detmar). Aus dieser Nachricht dürfen wir auf eine recht ansehnliche Wehranlage schließen.
Wer auf Linau saß, erfahren wir im Jahre 1320. Es waren Ludekin und Heinrich von Scharfenberg (Hasse Bd. 3 Nr. 428). Ebenso 1329 (ebb. Nr. 690).
Um sein Land gegen die Überfälle aus Linau zu schützen, führte Graf Gerhard II. einen neuen Plan aus, der die Bedeutung und Stärke unserer Burg in noch helleres Licht rückt. Er baute im Jahre 1326 die Grenzfestung Trittau, "darauf to sturende den van der linowe und anderen des hertoghen mannen van sassen, de in sineme Lande vil dicke rovenden" (Detmar).
Im Jahre 1341 hören wir wieder von dem Schloß. Ludeke und Hermann von Scharfenberg, Heinens Söhne, und Ludeke und Hermann, Ludekens Söhne, söhnen sich mit der Stadt Lübeck aus. Sie "bekennen un tughen openbare, dat wi us vurbunden hebbet tu erbaren mannen, den ratmannen der stat tu Lubeke, also, dat use hus tu der Lynowe ere unde erer helpere opene slot scal wesen" (Vertrag vom 17. September 1341. Lüb UB. Bd 2 Nr. 729).
Was dem Holsteiner mit Gewalt nicht gelungen war, die Scharfenbergs auf Linau unschädlich zu machen, erreicht der lauenburgische Herzog Erich II. durch Unterhandlung im Jahre 1345. Die Scharpenberger Vettern verkauften die später erweiterte Burg Linau an den Lauenburger Herzog und erhielten statt dessen die Burg Neuhaus bei Boizenburg mit dem Land Dertzing. Da die Scharfenbergs es aber von ihrem neuen Besitz ebenso schlimm trieben, mussten sie noch im Herbst desselben Jahres das Land wieder räumen. Sie kehrten jedoch zurück und bemächtigten sich 1346 der Burg Linau erneut mit Gewalt. Eine Urkunde vom 1. August 1348 (Lüb. UB. Bd 2 Nr. 906) berichtet von den Überfällen der Scharfenbergs. Die Lübecker sind mit Erfolg gegen die Ritter von der Linauburg und der Steinhorst vorgegangen. Nun wird die Fehde geschlichtet. Die Scharfenbergs - es sind wieder alle vier Gebrüder auf Linau anwesend, die wir im Jahre 1341 antrafen - versprechen natürlich, sich jeder Untat zu enthalten. Ferner ist uns das Sündenregister erhalten, das die Stadt Hamburg gegen die Scharfenbergs auf Linau für die Jahre 1346 bis 1349 aufstellte (Lüb. UB. Bd.1 Nr. 986).
So war Linau wieder ein Ritterschloß, als 1349 das große und endgültige Aufräumen mit diesen stetigen Stätten des Unfriedens erfolgte. Der Herzog von Lauenburg, die Grafen Johann von Holstein und Adolf von Schauenburg und die Städte Lübeck und Hamburg hatten sich zu einem großen Landfrieden zusammengeschlossen. Am 29. September 1349 fiel die Burg Linau nach dreiwöchiger Beschießung durch die Allianz. Des weiteren hören wir noch, dass in der Burg mehrere Ritter aus Mecklenburg ihre Zuflucht genommen hatten.
Die von Scharpenberg behielten ihren Besitz in Linau, ihre Burg aber erstand nicht wieder.
Die Geschichte der Burg berichtet von einem zweimaligen Bau. Der erste stand 1291 und war in diesem Jahr niedergelegt. Der zweite wurde 1308 ausgeführt und ging 1349 zugrunde. Darüber besteht kein Zweifel, dass diese zweite Burg, die wegen ihrer Festigkeit berüchtigt war, die Anlage war, dessen Reste wir noch heute erkennen. Wir stehen hier vor einem ganz sicheren Datum, das uns namentlich für die Geschichte der Entwicklung des Befestigungswesens in Nordalbingien wichtig ist. Eine andere Frage ist die nach dem Bau von 1291. Die Existenzdauer kann nur eine sehr beschränkte gewesen sein, da um diese Zeit jene Rittersitze erst entstehen. Aber wo lag die Burg? Die Ansicht ist ohne Grabung nicht zu widerlegen, dass sie durch den Neubau von 1308 überdeckt ist. Weniger einleuchtend, ja ausgeschlossen ist die Lösung, den jetzigen Befund mit seinen zwei Hügeln zu teilen und die ältere Anlage in dem westlichen Teil zu erblicken. Derartige Doppelburgen finden sich öfter. Hier wäre es aber unverständlich, warum man bei dem Neubau den alten Hügel nicht als willkommene Vorarbeit benutzt haben sollte. Ferner umfaßt der große Burggraben beide Kuppen und kennzeichnet sie dadurch als einheitliche Burg. Es gibt aber noch eine dritte Möglichkeit der Erklärung, der hier der Vorzug gegeben wird. 2km nordwestlich von unserer Anlage liegt ein einfacher Burghügel, genannt der Schloßberg im Linauer Oberteich. Er befindet sich auf Linauer Boden, wie der Name sagt, und kann nur mit dem starken Rittergeschlecht der Scharfenbergs, die während der ganzen Zeit auf Linau ansässig waren, in Verbindung gebracht werden. So erscheint als beste Lösung, jenen Schloßberg als die Burg von 1291 anzusprechen. Die Entfernung steht dieser Deutung nicht im Wege.
Linauer Oberteich
Der Linauer Oberteich, 2 km nordwestlich von Linau gelegen, ist heute Wiesengelände. Am Südrand springt eine kleine, feste Nase in das feuchte Gelände vor. Die Spitze krönt ein Burgwall, der den Namen Schloßberg führt.
Ein Bergfried von 25 m Durchmesser wird von einem 10 m breiten Graben umgeben. Davor läuft ein Wall, der auf der nicht durch Moor gedeckten Seite seine größte Stärke zeigt. Hier schützt außerdem ein zweiter Graben. Die Aufwürfe, namentlich der Burghügel, haben durch Abtrag schon erheblich gelitten. Ungefähr in der Mitte der Burg hat Schuchhardt 1911 eine Wohnstelle mit viel Holzkohle und grauen Scherben festgestellt (Lüb. Ztsch. Bd. 15 S. 16).
Es handelt sich um eine Ritterburg. Wie der Name Linauer Oberteich verrät, gehört das Gelände zu Linau. Die hier ansässigen Scharfenbergs müssen auch Herren auf dieser Feste gewesen sein. Die Anlage wird die Vorgängerin der großen, im Jahre 1349 zerstörten Burg in Linau gewesen sein. Nach jahrelangen Streitigkeiten zwischen den Hamburger und Lübeckern Kaufleuten und der Ritterschaft im Lande wurde am 12. Januar 1291 ein Friedensvertrag auf der Burgfeste zu Dutzow am Schaalsee geschlossen. Der Ritter Marquardus Scarpenberch zu Lynowe hat als Teilnehmer der Verhandlungen die Grundbesitze der Familie Scapenberch verteidigt, musste aber darin einwilligen, die Burg Lynowe eigenhändig abzubrechen. Die Gräben waren zuzuschaufeln, nur das Bauholz durfte behalten werden.
"In den Wällen im Linauer Oberteich hatte der Sage nach der 1763 abgegangene reitende Förster König zu Linau eine Erscheinung, indem er, in der Mittagsstunde von der Jagd mit mehreren Begleitern heimkehrend, sowie auch diese auf dem Schloßberge um eine Tafel viele Menschen in alter Tracht versammelt deutlich erkannt, bis diese Erscheinung nach einiger Zeit wieder verschwand" (Möllner Ztsch. Bd. 1 S. 65).
Auf der Karte von Kallenbach aus dem Jahre 1783 über die Linauer Feldmark ist das Areal der 1. Burg (Motte) der Scharpenbergs in Linau noch eingezeichnet. In direkter Nachbarschaft liegt ein Flurstück, das heute Eichenhorst genannt wird, Eekenhorst auf plattdeutsch. Die Ähnlichkeit des Namens mit dem zum Besitz der Scharpenbergs gehörenden Eekenhorst ist frappierend.
Auf dem Foto darunter ist der Burghügel mit dem umlaufenden Wassergraben auch heute noch deutlich zu erkennen.
Dass den Scarpenberchs der Abbruch ihrer Burg nicht gefallen hat, ist wohl anzunehmen. So haben sie vermutlich sofort mit dem Bau einer neuen, stärker befestigten Burganlage unter Anleitung eines Burgenbaumeisters begonnen, die näher am Ort Linau liegt. Es ist wahrscheinlich, dass kontinuierlich an dieser neuen Feste gearbeitet wurde, denn so ein Bollwerk konnte nicht in kurzer Zeit errichtet werden. Schon Anno 1306 wurde zum großen Turnierfest nach Lynowe eingeladen und so stand es auf der Einladung geschrieben (aus "Linau", Geschichte eines Dorfes, von Erich Kock, S. 25):
Turnierfest in Lynowe DOMINI MCCCVI
An unsere Lieben und Getreuen im Lande RACESBURGH und HOLSTEN.
Nach dem Willen unseres Vaters MARQUARDUS DE SCARPENBERGHE sollen Unsere neue Feste LYNOWE, deren Erbauung in Balde abgeschlossen sein wird, und unsere neue Hofanlage auf einem großen Sommerfest und Ritterturnier würdig gefeiert werden. Nachdem wir aus dem Euch nur zu wolbekannten Grunde UNSERE Burg auf der ECKENHORST ja haben schleifen müssen, geht nach langer Bauzeit nun UNSERE neue schönere Residenz in die Vollendung. Wir freuen Uns und bitten Euch aus diesem Anlass, an einem großen Turnierfest an den drei Tagen nach Pfingsten teilzunehmen und UNSERE Gäste auf der LYNOWE zu sein.
Wir entbieten Euch UNSEREN ritterlichen Gruß
LUDEKE unde HEYNO DE SCARPENBERGHE
LYNOWE, ANNO DOMINI MCCCCVI