Der folgende Artikel wurde von Günter Scharnberg (†), Grönwohld, verfasst, der sich Zeit seines Lebens sehr intensiv mit den Scharpenbergs aus Linau beschäftigt hat. Ich habe ihn ca. 2003 in die freie Internet Enzyklopädie Wikipedia gestellt.
Es wird nicht allen Lesern bekannt sein, dass in unserer näheren Heimat, besonders im Lauenburgischen, zu Ausgang des Mittelalters viele Raubritter in festen Burgen gehaust haben. Ein solches Raubschloß befand sich vom Ende des 13. Jahrhunderts bis zum Jahre 1349 in Linau bei Trittau im Besitz der Raubritter von Scharpenberg (von Scarpenberghe). Dieses Geschlecht spielt in der lauenburgischen Geschichte eine gewisse Rolle, und es wird dort oft erwähnt. Um die Zeit von 1400 besaßen die Scharpenbergs auch die bekannte Grander Mühle (Deutschlands idyllischste Wassermühle).
Ihre Burg war ganz besonders stark und fest gebaut. Nach den noch vorhandenen Grundmauern des Turms zu schließen, waren diese über zwei Meter dick, bestehend aus unbehauenen Findlingen, verbunden mit Segeberger Kalk. Der Oberbau bestand vermutlich aus Ziegelsteinen, von denen noch Reste unter der Erdoberfläche zu finden sind. Der Burgplatz wird etwa 500 x 100 Meter groß gewesen sein, ohne die Wirtschaftsgebäude, die etwas weiter entfernt gelegen haben müssen. Die eigentliche Burg lag auf einer Anhöhe von etwa 3 1/2 Metern. Der Burggraben, von dem noch heute ein Stück zu sehen ist, war mit der Bille in Verbindung. Die Burg gestattete einen guten Ausblick über die alte Landstraße Hamburg-Lübeck, so dass die Scharpenbergs von der Höhe der Burg die vorüberziehenden Reisenden und Kaufleute gut beobachten konnten.
Unter den damaligen Raubrittern waren die von Scharpenberg besonders berüchtigt und gefürchtet. Ihre Raubzüge dehnten sie bis in die Gegend von Hamburg aus. Wie sehr auch die Hamburger unter ihren Räubereien zu leiden hatten, geht aus einer Urkunde im Lübecker Urkundenbuch 2 Seite 912 hervor, in der es heißt:
... dat se roveden ere dorpe, alse Bernebeke (Barmbek), Barlebesbuthle (Barsbüttel), Jelevelde (Jenfeld) und Henniscevelde (Hinschenfelde) dar se nomen scolen hebben : 58 ossen unde Koyge, 85 Scap, theghen unde swyn unde vortmer thu Hersloh (Hasloh), Hummersbüthle (Hummelsbüttel), Wedele und Rellinghe (Rellingen), und wen ere borghere guenen unde volgheden thu der Linowe na erne gueke unde have de en afgeroved weren, dat en dar nen antworde en wart mer guade wort unde grote sleghe.
d.h., wenn die Bürger ihrem Vieh nach Linau folgten und es zurückzuholen versuchten, wurden sie unter Schlägen abgewiesen.
Um den Räubereien der Scharpenbergs ein Ende zu machen, vereinigten sich im Jahre 1291 die wendischen Fürsten und Städte einerseits und die Herzöge von Lauenburg andererseits zu einem Bündnis, in welchem beschlossen wurde, die lauenburgischen Raubburgen, insbesondere die von Linau, anzugreifen und zu zerstören, was auch geschah, aber wohl nicht gründlich genug. Der Friede wurde zu Deitzow geschlossen. In diesem Vertrag war ausgemacht, dass die unterlegenen Raubritter ihre Burgen selbst schleifen sollten. Dies hinderte die Scharpenbergs jedoch nicht, ihre Burg kurz entschlossen wieder aufzubauen und ihr altes Handwerk zum Schrecken der gequälten Bevölkerung fortzusetzen.
Darauf zog im Jahre 1312 Graf Gerhard II. von Schauenburg gegen die Burg Linau und beschoss sie mit Bliden, musste aber unverrichteter Sache wieder abziehen und die Scharpenbergs lachten sich ins Fäustchen, denn ihre feste Burg widerstand allen Angriffen und Beschießungen. 14 Jahre später, 1326, erbaute Graf Johann von Holstein nahe der holsteinischen Grenze das Schloß Trittau zur Abwehr gegen die Linauer und legte eine Besatzung dorthin. Es kam zu Borchardestorpe (Borstorf) zu einem harten Kampf, aus welchem zwar Graf Johann als Sieger mit vielen Gefangenen und reicher Beute hervorging, aber die Raubzüge der Linauer wurden weiterhin geführt.
Auch ein Angriff der Hamburger und Lübecker im Jahre 1338 auf die Burg Linau war vergeblich.
Im Jahre 1344 versuchten die Herzöge von Lauenburg: Erich der Ältere und der Jüngere, auf gütlichem Wege die Scharpenbergs unschädlich zu machen, indem sie den Brüdern Heino und Lüdeke die Burg Linau abkauften. Die Scharpenbergs siedelten darauf nach Schloß Dartsingen (jetzt Neuhaus) an der Elbe über. Dessen ungeachtet trieben sie von dort aus ihr Unwesen weiter. Schließlich besaßen die tollen Scharpenbergs sogar die Kühnheit, sich einfach im Bündnis mit Heinecke von Brocksdorf wieder ihres alten Stammsitzes zu bemächtigen und hier ihre Räubereien frisch und frei fortzusetzen.
Im Jahre 1349 jedoch wurde den Scharpenbergs, nachdem sie sich also etwa 70 Jahre lang behauptet hatten, endgültig das Handwerk gelegt. Die Grafen Gerhard und Johann von Holstein, Adolf von Schaumburg, Herzog Erich von Lauenburg sowie die Lübecker und Hamburger taten sich zu einem Bündnis zusammen, um gemeinsam dem Feind zu Leibe zu gehen. Drei Wochen lang belagerten sie die Burg Linau. Die Hamburger und Lübecker hatten allein 2500 Mann aufgebracht. Obwohl die Scharpenbergs sich sehr gut verproviantiert hatten, konnten sie auf die Dauer doch dieser Übermacht nicht standhalten und ihre sonst so feste Burg kam schließlich durch die ständig von den Bliden geschleuderten Steinkugeln und nachdem noch inzwischen die Hamburger Verstärkung geschickt hatten, ins Wanken. Am 23. September des Jahres 1349 mussten sich die Scharpenbergs ergeben. 1500 Hamburger und Lübecker brachen sofort in vergnügtester Stimmung die Mauern und den Turm ab, so dass die einst fast uneinnehmbare Feste Linau vollständig dem Erdboden gleich gemacht wurde. Die Grundmauern des Turmes jedoch sind, wie zu Anfang erwähnt, noch heute vorhanden.
So wurde dem Treiben eines einst so mächtigen Raubrittergeschlechts ein Ziel gesetzt. Die Scharpenbergs blieben aber nach ihrer Niederlage im Besitz der Linauer Ländereien.
1354 stellten die Brüder Lüdeke und Hermann von Scharpenberg Schadenersatzansprüche an die Stadt Hamburg, „um allerlei Streitigkeiten willen, daß die Linau gebrochen ward.“ Ihre Forderungen wurden jedoch glatt abgewiesen.
100 Jahre nach Zerstörung der Burg verpfändete Volrad von Scharpenberg den „Hof tho Linow, dat dorp darsulvest und das dorp tho Wentorpe nebst der Feldmark tho Ekenhorst“ für 2400 Thaler an den Herzog Bernhard zu Sachsen-Lauenburg auf 20 Jahre. Im Jahre 1471 verkauften die Scharpenbergs alles an den Herzog Johann IV von Sachsen-Lauenburg. Sie blieben auch ferner im Lauenburgischen ansässig und widmeten sich zum größten Teil dem Landwirtschaftsberuf. Nachkommen von ihnen leben, wenn auch nicht unumstößlich nachweisbar, noch heute in Mecklenburg, Lauenburg und Holstein.
Die ehemalige Burg zu Linau ist die einzige in unserer Umgebung, von der noch verhältnismäßig viele Überreste zu sehen sind. Der Platz ist von dem Hause des Bäckers und Gastwirts Scharnberg aus leicht in einigen Minuten zu erreichen. Auf dem Burgplatz bei Linau sollen noch eine goldene Wiege und eine goldene Kette, die dreimal um den „Wischhof“ reicht, vergraben sein.
Soweit der Artikel von Günter Scharnberg (†), in dem auch öfter von "Raubrittern" gesprochen wird. Ich persönlich wehre mich gegen diesen Begriff, der nachweislich erst im 19. Jahrhundert geprägt wurde, als es schon gar keine Ritter mehr gab. Viele der "Überfälle" wurden im Rahmen des Fehdewesens durchgeführt, entsprachen also durchaus dem damals herrschenden Recht. Aus dem Grund habe ich auch noch einmal gesondert auf das Fehdewesen hingewiesen und empfehle dem Leser nachdrücklich diesen Artikel.